Unscheinbar, fast ein bisschen versteckt, liegt das Vereinsobjekt des RRWC e.V. am östlichen Ende des Tagebaus Reichwalde. Der Duft von frisch gebrühten Kaffee weht durchs Büro, wo Sabine Schulze schon gut gelaunt auf mich wartet. „Wolfgang ist noch unterwegs, wir rufen ihn gleich mal an, dass du da bist!“, sagt sie energisch.
Von Allgemeinverfügung bis Zuschauerlenkung
Resolut, zupackend und immer einen kessen Spruch auf den Lippen – so organisiert die 50jährige Boxbergerin seit 2012 das Büro der Lausitz-Rallye. Als „rechte Hand“ von Wolfgang Rasper hat die gelernte IT-Kauffrau nicht nur mit Grafikprogrammen zum Zeichnen von Straßenkarten, täglichen E-Mails und Telefonaten zu tun. Vielmehr umfasst ihr Aufgabengebiet auch „Finanzen, Steuern usw.. Ach, zu viel, um das hier alles aufzuzählen.“ Sie spielt ihre Verantwortung gekonnt herunter und man merkt, dass sie nicht gerne im Rampenlicht steht. Aber ich hake nach.
Als wichtige „Schnittstelle“ im Orga-Team hält Sabine vor allem Wolfgang den Rücken frei. Wobei das Wort „Orga-Team“ sehr hoch gegriffen ist, denn Sabine und Wolfgang bestreiten den Großteil des Jahres als Duo. Dennoch steht der ganze Verein hinter der Lausitz-Rallye!
Das Rallyebüro ist fast täglich besetzt und schon jetzt, Monate vor der Veranstaltung, häufen sich die unterschiedlichsten Anfragen und sind wichtige Themen zu bearbeiten. Termine mit Genehmigungsbehörden (z.B. Landratsamt, Polizeidirektion etc.) müssen ebenso koordiniert werden wie es gilt, mit treuen und neuen Sponsoren zu sprechen, um die Rallye auf einer finanziell soliden Basis durchführen zu können.
Langjährige Zusammenarbeit verbindet
Die Kommunikation mit den Teams ist genauso wichtig. Da geht es auch schonmal um die ein oder andere technische Frage. „Häufig erkundigen sich Teams, ob sie mit diesem oder jenem Auto bei uns starten können. Da ich nicht so tief involviert bin, gebe ich diese Fragen direkt an unsere Techniker weiter.“ Uwe Führer, Carl-Ulrich Kasten, Stefan Strauch und Gerald Strauß sind als Technische Kommissare die ersten Ansprechpartner und kümmern sich um die Belange der Starter.
Mit vielen Teams verbindet Sabine inzwischen eine langjährige Zusammenarbeit, man könnte auch Freundschaft dazu sagen. „Der Hermann Gassner Senior zum Beispiel ist ein sehr netter gemütlicher Bayer“, lacht sie verschmitzt. „Oder die Norweger, die sind immer so zuvorkommend und trotz ihres jungen Alters so höflich.“ Man hört es förmlich heraus, da können sich andere sicher ein gutes Beispiel nehmen.
Just in dem Moment klingelt Sabines Handy. Wolfgang ruft zurück und will in 20 Minuten im Büro sein. Okay, noch etwas mehr Zeit für uns zum Plaudern. Aufgeschlagen liegt das aktuelle FIA-Rallye-Reglement auf ihrem Schreibtisch. Das Dokument beinhaltet in 66 Einzelpunkten und zahlreichen Anhängen die sportlichen Bestimmungen einer Rallye - vom Parc Fermé über Kontrollkarten bis hin zur Fahrzeugkennzeichnung und Scheinwerfermontage-Zone, nur um mal einen kurzen Ausriss zu geben. „Das alles müssen wir in unserer Veranstaltungsausschreibung selbstverständlich berücksichtigen“, gibt die Mutter eines erwachsenen Sohnes zu bedenken.
Phasenweise Unterstützung erhält Sabine dabei von Natalie. Sprachlich versiert, 30 Jahre jung und aus Weißwasser, hilft Natalie im Tagesgeschäft. Insbesondere hält sie im Rahmen der Rallye den schriftlichen und telefonischen Kontakt zu den ausländischen Fahrern. Auch bei Übersetzungen oder als Dolmetscherin bei der Dokumentenabnahme sind ihre Fähigkeiten gefragt. Einige Monate vor der Rallye kommt ein zusätzlicher Helfer im Büro dazu, da alle Printvorlagen selbst erstellt werden.
In der Rallyewoche bleibt kaum Zeit zum Luftholen
Im Rallye Guide wird Sabine als „Organisationssekretärin“ aufgelistet. Doch was bedeutet das eigentlich? Sie versichert glaubhaft: „In der Rallyewoche geht hier die Post ab! Die Fans rufen bei uns an und fragen, was es kostet, wo man am besten zuschauen kann, wo es das Rallyeheft zu kaufen gibt oder welche Straßen gesperrt sind. Zusätzlich sind die Teams zu betreuen, da bleibt kaum Zeit zum Luftholen. Aber wir versuchen natürlich, alle Fragen zu beantworten. Dienstag und Mittwoch vor der Rallye sind absolute Stoßzeiten!“
Wenn die Rallye dann gestartet ist, minimieren sich die Anrufe. Bleibt dann wenigstens mal Zeit, sich die Action live anzuschauen? „Nee, nicht wirklich“, lacht sie lauthals, „denn dann kümmere ich mich um die anderen Wehwechen. Zum Beispiel den Elektriker anrufen, wenn eine Lampe kaputt gegangen ist und so weiter.“
Die Tür geht auf und Wolfgang kommt herein. „Na, was gibt’s Neues?“, geht seine erste Frage direkt an Sabine. „Nüscht wichtiges, außer dass der Kaffee schon langsam kalt wird.“ An solch kleinen Frozzeleien merkt man die jahrelang eingespielte Teamarbeit. Jeder in seiner Rolle, jeder am richtigen Platz.
Autor: Björn Fröbe